
Oboe und Akkordeon – ein Traumpaar im Altarraum der Klosterkirche
Das Duo Futuresonic zu Gast beim Neuruppiner Konzertsommer.
Alexey Savinkov stammt aus Russland. Roman Stolbov kommt aus der Ukraine. In Detmold an der dortigen Hochschule für Musik haben sie sich als Studenten kennen und schätzen gelernt. Als Duo Futuresonic spielten sie in der wieder sehr gut besuchten Klosterkirche auf und begeisterten auf der ganzen Linie. Auf die kleine Nachfrage im Hinterzimmer, wie das klappen könne, politisch gesehen, antworten sie wie aus einem Munde: “Warum nicht?” Programmchef Matthias Noack ging denn auch bei der Vorstellung der Musiker auf die Herkunft und die Brisanz der Konstellation in Kriegszeiten erst gar nicht ein. Ihn interessierte, so seine Worte, ob die Instrumente wirklich zum Paar taugen. “Kontraste” war das Konzert betitelt. Die Antwort gab das Paar musikalisch. Fazit: Passt phantastisch. Aber Single können sie auch. Die Künstler ernteten stürmischen Applaus.

Als Solist eröffnete Alexey Savonkov mit “Allemande” von Johann Sebastian Bach, als wollte er Noacks Botschaft der “Hingabe” an der Oboe performen. Krasser könnte der Unterschied kaum sein, wenn man die Spielart und die Wirkung mit dem später folgenden Soloauftritt von Roman Stolbov vergleicht. Er gab “Miserere” von Artem Nyzhnyk am Akkordeon zum Besten. Der heute in Israel lebende Komponist war in der Ukraine sein Lehrer. Zum Weinen schön war die Darbietung. Gefasst, ohne jeden Hass. Und ohne Hast. Wer beim Akkordeon nicht anders kann, als an Shantys und Mannesherrlichkeit auf See zu denken, weiß es nun besser. Mitempfinden wird geweckt, Leid wird Lied, wortlos und in moderner Tonalität. Da wagt einer was…

Als Duo boten die beiden jungen begabten Künstler ein Repertoire von Bachs “Trisonate G-Dur” bis zu Astor Piazollas “Oblivion”, also vom Barock bis zur Moderne in ihrer anspruchsvollen Variante. Rumänische Volkstänze riefen, wo genug Beinfreiheit war, kleine rhythmische Bewegungen hervor. “Le Tombea de Couperin” von Maurice Ravel aus dem grässlichen Kriegsjahr 1917 wirkte zuvor hingegen wie ein musikalisches Friedensmanifest, das den Künstlern viel abverlangt, auch emotional, wie Roman Stolbov vorab bekannte. Auch da trotz aller Traurigkeit Tanzeinlagen, auch da zwischendurch Beschwingtes – eine Hommage an den französischen Komponisten Francois Couperin. Das Schwere hat einen tieferen Klang, zumal in Kriegszeiten. Aus reichsdeutscher Sicht war Ravel ja ein Erzfeind. Und umgekehrt. Ganz anders wieder die Melodik bei Robert Schumanns “Erster Romanze”. Ein Flirt war nicht gemeint, ein Date sicher auch nicht. Wenn Roman Stolbov ein Werk wie dieses für Oboe und Akkordeon arrangiert, sprühen die Funken. Gesichter hellen sich auf.
Bei aller Verschiedenheit, hier spielen keine Kontrahenten. Hier geben Kontraste Kontur. Hier wird die Überzeugung beglaubigt, dass Musik Grenzen überwindet und Menschen verbindet, wenn nicht irgendeine hirnrissige Ideologie Kultur völkisch auffasst und sich über die Maßen brüstet. Was für ein Glück, solche wagemutigen virtuosen Weltverbesserer zu Gast zu haben!