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Eins der interessanten Forschungsobjekte aus der Fontanestadt Neuruppin.
Eins der interessanten Forschungsobjekte aus der Fontanestadt Neuruppin.I Foto: vhs

Von Treppenhäusern, Handlaufschnecken und repräsentativen Zwecken

13.10.2025 | Volkmar Heuer-Strathmann

Eine Ausstellung im Kunstkiosk findet derzeit viel Beachtung.

Der Arbeitskreis Historische Treppenforschung Neuruppin präsentiert reichlich Anschauungsmaterial und interessante Erläuterungen. Ausgangspunkt ist der Wiederaufbau der Stadt nach der Brandkatastrophe von 1787. Einzelne Treppenhäuser in ausgewählten Gebäuden erhalten große Aufmerksamkeit.

Katharina von Siena wusste schon im 14. Jahrhundert: “Die Welt ist eine Treppe, der eine steigt sie hinauf, der andere hernieder.” Spannende Begegnung! Die Worte sind auch am Kiosk zu finden. Bei Aphorismen und Allegorien belässt man es allerdings nicht. Das hier vorab fotografisch fokussierte Gebäude steht in der August-Bebel-Straße. Perspektivisch professionell angelegte Fotos sieht man im Kunstkiosk nicht nur bei diesem Objekt. Präzise Beschreibungen finden ihre Ergänzung in fachkundigen Erläuterungen und Skizzen. Die Handlaufschnecke ist nur ein Beispiel.

Über Freitreppen und Fluchttreppen wäre anders zu schreiben. Über Herrscherhäuser und ihre Wege nach oder von oben auch. Repräsentation hieß das Stichwort. Unwichtig ist die Performance in den Bürgerhäusern auch nicht, das zeigt die Ausstellung. Allerdings stammt nicht alles, was heute glänzt, schon aus der Anfangszeit. Wie eine Spurensicherung gehen die Forschenden ans Werk und vergessen dabei nicht, dass vor der Ästhetik und dem Kunsthandwerk die Handwerkskunst, die Materialfrage, die Materiallage und die höchstmögliche Solidität steht. Feuersicherheit ist in Neuruppin sicher ein weiteres Thema gewesen nach dem Trauma.

Informationen über die Gruppe der Forschenden und ihr Ziel, die Kenntnisse zu erweitern und zu verbreiten, ergänzen die Ausstellung. Aus dem Kreis der Karl-Friedrich-Schinkel-Gesellschaft Neuruppin ist nicht nur Rene Wildgrube mit dabei. Von Scalalogie ist die Rede, eben von Treppenforschung. Man sieht sich in der Tradition des Architekten und Denkmalpflegers Friedrich Mielke, der seit 1942 durch eine angriffskriegsbedingte Beinamputation schwer gehandicapt war. Auch das mag ihn für jeden Schritt treppauf oder -ab und die Möglichkeit einer Pause sensibiliert haben.

Kunstkiosk Neuruppin bearbeitet
Der Kunstkiosk als Ausstellungsort – überfrachtet oder wohlbemessen?

Kinder sind auch hin und wieder am Kiosk zu sehen, eher im Schulalter als jünger. Dass es bei der Frage der Schuleignung von Bedeutung ist, ob ein Kind einschrittig rauf- und runtergeht, stellt Treppen noch einmal in ein anderes Licht. Dass Treppenlifte in Treppenhäusern, wie sie hier präsentiert werden, eine solide Grundlage haben dürften, wird man annehmen können. Ob aus den Materialien ein Magazin wie “Schinkel plus” geformt werden soll, war bislang nicht zu erfahren. Ein bedachter Rundgang mit ernsthafter Lektüre und Betrachtung dauert übrigens ungefähr zwanzig Minuten, gefühlt weniger.

Karl Friedrich Schinkel wird mit den verbürgten Worten zitiert: “Die Architektur und die Innenarchitektur eines Gebäudes ergeben sich aus dem Inhalt und der Funktionalität des Gebäudes.” Bei Jan Mende kann man in “Karl Friedrich Schinkel – Großer Künstler, ‘einsame Seele’” (2024) nachlesen, dass es in Schinkels Wohnung in Berlin in der Bauakademie ein Treppenhaus gab, in dem er auf dem Treppenabsatz drei Gipsrepliklen großer Plastiken platziert haben soll, darunter Apollon. Streng funktional wirkt das nicht. Treppenhaus und Kunst – Forschungstufen ohne Ende, man denke nur an die Wände…