
Das Jubiläum von NIVEA lässt an Paul C. Beiersdorf aus Neuruppin denken
“Im Jahr 2025 feiert NIVEA das 100-jährige Jubiläum seiner ikonischen blauen Dose“, liest man in diesen Tagen. Die „Cito”-Spule in Rot-Weiß kennt man nicht mehr. Es gibt längst andere Heftpflaster. Aber NIVEA und alles, was heute dazugehört, nicht nur für Männer, kennt man weltweit. Der Firmenname geht auf den Apotheker und Erfinder Paul C. Beiersdorf zurück. Er kam am 26. März 1836 in Neuruppin zur Welt.
Wie oft gedruckt, der Neurupiner Name? Öfter als der von Fontane? Viele Milliarden mal? So viele Nullen? “Weltweit verkauft Beiersdorf heute mehr als vier blaue NIVEA Creme-Dosen pro Sekunde“, bilanziert der Konzern. – Wenn man das Glück hat, mit Peter Weber ins Gespräch über seine Heimatstadt Neuruppin und ihre berühmten Persönlichkeiten zu kommen, kann es sein, dass der Name Beiersdorf auch fällt. Und man erfährt: “Paul Beiersdorf, der war der Begründer der Firma Beiersdorf in Hamburg.” Schon ist auch von Heftpflaster die Rede.

Im Konzern, heute ein Global Player – so gut, so schlecht, erinnerte man 1982 mit einer Festschrift an “100 Jahre Beiersdorf”. Darin wird Paul C. Beiersdorf als Erfinder ganz neuer medikamentöser Pflaster gefeiert. Und eben als Gründer. Der 28. März 1882 gilt als Datum. Beiersdorf, ehedem “nur” Apotheker und nicht immer erfolgreich, nicht immer glücklich, schaffte den patientenfreundlichen Durchbruch gemeinsam mit dem Mediziner Paul Gerson Unna. Man nannte das gute Stück “Guttaplaste”. Hansaplast kennt heute alle Welt. Die Erfolgsgeschichte erlebte Beiersdorf selbst nicht mehr, die von “Cito” (1898) auch nicht. Das war ein Heftpflaster speziell für Radfahrer, Reiter und Touristen. In Hannover gab es ab 1978 von der Punkband Hans-A-Plast um Bettina Schröder etwas auf die Ohren.
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Paul C. Beiersdorfs Leben blieb nicht ohne Tragik. Sein Sohn erschoss sich 1890 nach Nichtversetzung. Der Vater war danach psyschich am Ende. Die Chronisten schildern den Weg zur Betriebsumwandlung in “P. Beiersdorf & Co.”. Der Apotheker Oscar Troplowitz wurde erst Teilhaber, dann am 1. Juli 1891 Alleininhaber. Mit seinem Vermögen wurde der Gründer und Erfinder, der noch ein bisschen weiter herumtüftelte, nicht glücklich. Eine deströse Entwicklung ließ ihn am 17. Dezember 1896 zum Gift greifen. Es wirkte sofort.
Das Studium der Firmengeschichte lohnt sich – bis in die Gegenwart mit ihren Herausforderungen. Als die Nazis 1933 das “jüdische Unternehmen” anprangerten, ging es um drei Juden in der Geschäftsleitung. Gegen die populäre Creme “Lovana” wurde öffentlich ein Feldzug geführt: “Keine jüdische Hautcreme mehr benutzen!” In der Chronik liest man, die drei “Nichtarier” hätten ihre Konsequenzen im Interesse des Unternehmens ziehen müssen. Sie schieden aus. Über das deutlich verbesserte Inlandsgeschäft bis 1939 und die erschwerten Bedingungen im Ausland wird berichtet. Über die Wunden des Krieges weltweit ist wenig zu lesen. Im Fokus steht die teils verheerende Zerstörung der Produktionsstätten. Unter britischer Besatzung ging’s dennoch weiter.
Die Beiersdorf Aktiengesellschaft ist schon Jahrzehnte an der Börse. Der Firmensitz ist Hamburg geblieben. Man agiert weltweit. Die Produktpalette ist weit aufgefächert.
In Hamburg gibt es eine Beiersdorfstraße. Sie liegt im Stadtteil Eimsbüttel. In Neuruppin gibt es (noch) keine. In der Fontanestadt hat man sich womöglich ein bisschen zu einseitig mit der Apothekerfamilie Fontane beschäftigt. Aber das muss ja nicht das letzte Wort sein. Genialität und Lebenstragik, Abenteurertum und Schönheitskult wären eigentlich auch Stoff genug für ein modern konzipiertes Bühnenstück. Wenn’s nur wer schriebe. Die AG dürfte auch Interesse haben….