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IN edition rieger 1
Jana Kolar-Voigt begrüßt nicht nur Günter Rieger und Otto Wynen.

Vom Diplomatischen Dienst zur Verleger- und Autorentätigkeit  

18.10.2025 | Volkmar Heuer-Strathmann

Das 35jährige Jubiläum der Edition Rieger nahm man in der Fontane-Buchhandlungzum Anlass, den Verleger, Autor und Freund Günter Rieger aus Karwe im Gespräch mit Otto Wynen zu präsentieren. Man selbst hätte noch weitaus länger zuhören mögen angesichts einer derart interessanten Biografie. Sie begann auf den Tag genau vor 75 Jahren im Raum Bitterfeld.

„Der sagenumwobene Held war selbst ein Überwinder vieler Schwierigkeiten, eigen- und unverschuldet…” Günter Rieger? Richtig. Er äußert sich aus gegebenem Anlasszum Fall Parzifal als Sage, als Kunststoff, als Leitfigur. Rieger schreibt vomWahrzeichen der sich emsig wandelnden Stadt und Region”. Im Gespräch mit Otto Wynen wurde sehr deutlich, welchen besonderen Anteil Günter Rieger selbst hat andiesem Prozess in Neuruppin und drum herum seit 1990. Als Verleger und Autor, alsGästebegleiter und Gastredner, als Bürger und Freund. Es gibt da bloß ein Problem, und das räumen wir auch nicht aus.

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Plaudern, palavern und parlieren, ohne jemals den Kopf zu verlieren.

Rieger insistierte darauf, dass die Ökonomie doch das Leben bestimme, eben die Kraft der Verhältnisse. Wynen insistierte darauf, dass sich das Individuum darübererheben könne. Das Gespräch wurde durch diesen Dissens nicht gesprengt, zumalsich an der Edition Rieger wunderbar zeigt, was Idealismus ausmachtund das imHaifischbecken”, um es mit Brecht zu sagen. Der Verleger setzt auf Verkaufbarkeitder Ware, der Werke, aber er ist zugleich Förderer und Entdecker, Anreger und Gestalter. Die Ware ist bezahlbar. Gewinn, soweit möglich, fließt in neue Projekte. Klar, Kapitalimus geht eigentlich anders. Aber der geht ja auch zugrunde. Der Wert der Literatur geht eben für Menschen wie Günter Rieger im Tauschwert nicht auf.Das gibt’s.

Auf großes Interesse stieß bei den zahreichen Gästen, was Rieger über seine Tätigkeiten in der DDR und für die DDR erzählte. Statt an der Hochschule Karrierezu machen, wagte er nach dem Studium den Weg in den Diplomatischen Dienst. Bukarest lag am Weg der Laufbahn. Jahre in Helsinki und Paris wurden prägend, imzweiten Fall stärker auf die Kultur bezogen, im ersten auf Prozesse wie OSZE und KSZE bezogen. Er begriff sich auch in der französichen Hauptstadt als Vertreter der DDR, konnte zugleich aber “den Westen” selbst aus dem Erleben heraus begreifen.Nicht allein aus dem Neuen Deutschland. – Stoff für mehr als eine weiterePlauderei”, wie die beiden Freunde ihre Begegnung genannt hatten, bei der die heiteren Einlagen und die kleinen Spitzen auch nicht fehlten.

Das Gespräch berührte Interessen und Leidenschaften wie die Malerei, die Frage nach musikalischen Ambitionen klang kurz an. Hörkultur. Vor allem aber ging es um das Verlagsprogramm und die Art, wie sich der Horizont weitete. Fontane war einSchwerpunkt. Der Tempelgarten wurde ins Licht seiner Zeit gerückt. In Rheinsbergging es auch um den Musenhof. Im Fall Parsifal gab es mal ein Großformat. Sonstdominiert insbesondere für Touristen die handliche Form. Die Kooperation mit der Fontane-Buchhandlung (“von Anfang an”) wird hervorgehoben, ebenso die Zusammenarbeit mit den Leiterinnen des Museums bis heute.

Gut 260 Titel das Schaufenster bietet Anschauung, die Erfolgsgeschichte könnteGünter Rieger eigentlich ganz schön stolz machen. Ist er wohl auch, aber die Herren haben sich nicht getroffen, um pathetisch zu werden.

Blieb die Frage der Autobiografie. Proletarierkind nennt er sich. Verlegerkind kannsich seine Tochter nennen. Stoff wäre sicher reichlich da, vermutlich auch im Hinblickauf den Bitterfelder Weg als Kind. Die schulische Sozialisation. Ein Blauhemd? Das Studium. Das Auge der Stasi vor dem Auslandsaufenthalt? Die Verlockung, in Paris zu bleiben? Allein wegen der Museen und der Musen…

Günter Rieger schien nicht geneigt. Wie in der Frage, wann der Rentner wirklich alsVeleger aufhört, müsste ein Njet nicht das letzte Wort sein. Erstmals hörte man selbst übrigens von ihm, als eine VHS-Dozentin im Schaumburger Land vor vielenJahren eine StudienfahrtAuf den Spuren Fontanes anbot. Ob die Lektüre der “Wanderungen” da ausreiche, frug man. Ich kenne da in Fontanes Geburtsstadtjemanden, der kennt alles. Und hat auch noch Humor.

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Fotos: vhs