Reiche Geschichte, vielfältige Kultur, wunderschöne Landschaft – eben OPR
Das Jahrbuch Ostprignitz-Ruppin 2026 ist erschienen. Es ist kein Marketingprodukt und wird womöglich gerade deshalb auch außerhalb des Landkreises Interesse wecken für diese Region Brandenburgs. Die eigene Geschichte wird nicht geschönt, die Schönheit wird nicht versteckt, die Breite des Themenfeldes ist erstaunlich. Und selbst Alteingesessene dürften Neues entdecken können.
Zur Präsentation des Jahrbuchs 2026 hatten Landrat Ralf Reinhardt und Anja Blumenstein vom Vorstand der Sparkasse Ostprignitz-Ruppin eingeladen. Der Landkreis ist Herausgeber, die Sparkasse Unterstützerin. Viele der an dem Projekt beteiligten Personen konnten von Peter Böthig begrüßt werden. Er war erneut redaktionell verantwortlich. Satz und Gestaltung lagen in den Händen von Veronika Zohova.
Prinz Heinrich von Preußen sticht sofort ins Auge. Nicht allein mit Gemälden wird an den 1726 geborenen Bruder von Friedrich dem Großen erinnert. Ein Kapitel Psychologie wird aufgeblättert. Schloss Rheinsberg rückt auch bildlich ins Visier. Unter der Überschrift “Rheinsberg – Das Jahr 1945” geht es um ganz andere Sorgen als am Hofe im 18. Jahrhundert. Vom Krieg ist allerdings in beiden Fällen die Rede. Die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit nimmt im Jahrbuch breiten Raum ein. Als weitere Beispiele seien der früh emigrierte jüdische Psychologe Walter Blumenfeld und der in Warschau im September 1939 miteinmarschierte SS-Mann Friedrich Gollert genannt. War man in der Rubrik “Geschichte” zunächst auf die dramatische Situation in Wustrau im Frühjahr 1945 gestoßen, ist man angesichts des Rathausbrandes in Wittstock im Jahr 1954 mit ganz anderen politischen Fragen konfrontiert. Die Ereignisse rund um den 17. Juni 1953 hallen nach. Keine reine DDR-Geschichte.

Wer sich im Einzelnen an die Arbeit gemacht hat, durch Quellenstudium Licht in die Angelegenheiten zu bringen, Bildmaterial aufzustöbern und soweit möglich Gespräche zu führen, sei hier vernachlässigt. Die Handschriften sind recht unterschiedlich – von der Buchführung bis zur Blütenwelt.
In der Rubrik “Regionalentwicklung”, in der der geplagte Strittmattersohn Erwin Berner etwas verloren wirkt, wird der 1922 gegründeten Kreissiedlungsgesellschaft sehr breiter Raum in Wort und Bild gewährt. Der Blick auf restaurierte Türen im Spiegelsaal von Schloss Rheinsberg ist schmaler. Dafür ist viel Gold zu sehen. Das Brandenburg-Preußen Museum in Wustrau indessen eröffnet einen weiten Horizont – eben auf Preußen in wechselnden Kräftefeldern.
In der Abteilung “Natur” gilt die Aufmerksamkeit unter dem Stichwort “Heinz-Sielmann-Stiftung” der offenen Naturlandschaft der Kyritz-Ruppiner Heide. Was Naturfotografie vermag, wird sichtbar. Mit steinzeitlichen Artefakten aus Heinrichsdorf bei Wittstock ist man schon in den “Museumswelten”. Die Antwort auf die museale Frage “Militarisierung durch Kuscheltiere?” darf sicher gerne mit Humor gelesen werden.
Eigentlich stehen im Jahrbuch 2026 in mehr als 30 Beiträgen die Menschen im Vordergrund, ob als literarische Figuren wie dieser “Gundermann” bei Theodor Fontane im Roman “Der Stechlin”, ob als Unternehmer wie der 1826 geborene Neuruppiner Alexander Gentz oder einfach als Zeitgenosse wie der Verleger Günter Rieger aus Karwe am See. Mit ihm kann man übrigens in eine wechselvolle Geschichte eintauchen, die von Berlin, Hauptstadt der DDR, auf diplomatischen Wegen nach Helsinki, Genf und Paris führt und schon das unbändige Interesse an Kultur und Lebenswelt verrät.
Bleibt an eine Frau zu erinnern, die sich der Kinder angenommen hat, als von deren Grundrechten noch keine Rede war. Wilhelmine Feige heißt sie. Kinder in Neuruppin können ein Lied von ihr singen – also über sie. Was vor 170 Jahren eine “Kinderbewahranstalt” war, erfährt man. Soweit möglich, werden im Jahrbuch 2026 interessante Dokumente reproduziert, etwa Plakate, Skizzen oder eines Menschen Notizen.

Bei der Präsentation konnte man im Landkreisgebäude an der Virchowstraße in Neuruppin auf 35 Jahre Jahrbuchgeschichte im Landkreis Ostprignitz-Ruppin zurückblicken. Günter Rieger war von Anfang an dabei – jetzt wieder als Autor. Es geht um Max Wiese. Wer wissen möchte, wer sonst noch diesmal für die einzelnen Beiträge verantwortlich zeichnet, erfährt im Werk schlaglichtartig auch etwas über Lebenswege, Titel, Funktionen und Schwerpunkte. Literaturhinweise sind meistens sparsam gehalten.
Bleibt darauf hinzuweisen, dass es auch um die Welt von Facebook und Tik Tok geht, also um den Auftritt des Landkreises OPR. Wer nicht möchte, dass Jahrbücher dieser Qualität eines Tages nicht mehr gedruckt werden, kann heute schon tätig werden. Kaufen und verschenken, studieren und diskutieren. Mitmachen ist auch möglich. Angeblich soll es schon ein paar Ideen für das Jahrbuch 2027 geben. Über weitere Anregungen würde sich Peter Böthig sicherlich freuen.