Großartiges Weihnachtstheater in Netzeband – vor allem für Gansverliebte
Als Märchen ist “Die Weihnachsgans Auguste” angekündigt. Wie so oft auch bei Fabeln steht die grausame Wirklichkeit dahinter. Hier die Tötung liebgewonnener Tiere, konkret: die kaltschnäuzige Ermordung einer Gans. Das Beste aber war, dass man aus dem Lachen kaum herauskam. Ob in einigen Familien nun Weihnachten zum Desaster wird? Oder zur Lachnummer?
Friedrich Wolf wollte vermutlich am Nachnamen arbeiten, am Image. Also hat er eine Gans erfunden, die in Lebengefahr gerät, aber nicht durch einen alten Wolf. Am Ende überlebt sie durch kindliche Liebe, durch menschliche Güte. Weihnachten steht auf der Bühne in der gut besuchten Temnitzkirche vor der Tür. Für Opernsänger Löwenhaupt muss es diesmal eine Gans sein. Er kauft sie. Lebend. Er bringt sie mit nach Hause. Lebend. Bald droht die Hauhaltshilfe mit Kündigung. Sie will nicht töten. Bald verweigert die Ehefrau jeden Liebesdienst, also die nötige Festvorbereitung. Sie ist ratlos. Denn die beiden wunderbaren Kinder haben die Gans ganz doll lieb. Echt! Sie kuscheln mit ihr. Und sorgen sich um ihre Zukunft. Das geht zu Herzen. Und trifft ins Mark in Brandenburg.

So etwas Verrücktes gibt es, solche Liebe. Mal ist es ein Marienäfer, mal eine Schleimschnecke. Hier nun also eine Gans. Das Unglück nimmt seinen Lauf. Passend zum nahenden Fest gibt es zarte Advents- und Weihnachtsmusik. Sogar zum Mitsingen. Frank Matthus und sein Ensemble ziehen alle Register. Er zeigt, was er wirklich kann, und steckt alle anderen an. Man arbeitet mit dem V-Effekt. Lässt Akteure Erzähler werden. Man bedient sich des Flügels, Lieder und Songs sind zu hören, Matthus brilliert. Auch zwischendurch wird zu Recht immer wieder applaudiert. Und lauthals gelacht.

Mit der begeistert gefeierten Aufführung am 2. Advent ist der Fall erledigt. Umliegende Orte wie Neuruppin oder Rheinsberg will man nicht damit verwöhnen. Konnten ja kommen. Kamen womöglich auch – trotz des läppischen Videos im Netz. Geworben wurde ja reichlich. Mangels Besetzungzettel wollen wir gleichermaßn und uneingeschränkt Solveig Kolletzki, Johanna Liebe, Axel Poike und Henriette Esser loben. Ihr Zusammenspiel auf engem Raum wirkte, als kännten sie das ganze Weihnachtselend der Liebe. Es gelingt ihnen im Zusammenspiel mit dem Opernego Löwenoberhaupt, den Frank Matthus als Fall typsicher erledigt, die ganze Lichterkette von Männerdominanz, fragwürdiger Ernährung, Verlogenheit gegenüber Kindern, Gottvergessenheit zur Vorweihnachtszeit bis zur gansfixierten oralen Lüsternheit abzubrennen. Und dabei auch Kinderherzen zu erreichen. Den Jüngsten gefällt diese Art Gans auch, ganz sicher. Die Federn, die Bewegungen, der Blick – als wäre Auguste eine von ihnen, Typ junge Balletttänzerin.
Der Botschaft Jesu gilt der Spott in keiner Weise. Bis zur Geburt ist noch Zeit. Noch nicht mal Wehen! Der Speiseplan kann noch geändert werden in den Familien. Festtagsdiät wäre auch noch möglich. Hauptsache, das Lügen hört allmählich auf bei Ernährungsfragen und die Massentierhaltung auch. Dass man im Netz tatsächlich mit einem imposanten Gänsefoto Werbung gemacht hat, war überraschend. Es ging doch angeblich bloß um ein Märchen…
Fotos: vhs