
Die Eisenbahn öffnete ab 1825 Wege in die Welt, aber in welchem Takt?
Am 27. September wird es genau 200 Jahre her sein, dass sich eine Dampflokomotive in Shildon im mittleren Osten Englands an die Arbeit machte. Mehlsäcke sollten transportiert werden. Und jede Menge Menschen. Über Darlington ging’s Richtung Stockton. Die Welt kam in Bewegung. In Neuruppin und Umgebung stockt bei der Bahn derzeit einiges. Es gibt viel zu tun. Und die Taktfrage ist gestellt.
Resonanz fand das Eisenbahnwesen seit Karl Friedrich Schinkels Zeit auf ganz unterschiedliche Weise bei Größen der Gegend oder aus der Gegend. Schinkel (1781 bis 1841) hatte in England selbst Gelegenheit, die neue Reisegelegenheit kennen zu lernen. Und in und um Birmingham sah er, wohin die Reise der Industriegesellschaft gehen könnte. Viel Rauch, viel Volk, aber eben auch ein Fortkommen. Im Jahr 1836 schreibt der längst Berühmte aus Bad Kissingen an seinen Schwager: “Der Professor Gerstner geht jetzt nach Amerika.” Das war nicht wörtlich gemeint. Nein, der kluge Mann will nach einer Fahrt mit dem Schiff “die Verwaltung der Eisenbahnen und diese selbst näher und durch Autopsie kennen lernen.” In den USA mache man Gewinne, die Aktionäre kämen nicht nur auf ihre Kosten. Von Profit schreibt Schinkel nicht. Der Nutzen musste überwiegen. In Franken war am 7. Dezember 1835 die erste Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth gefahren. Da kam was in Bewegung, trotz der Kleinstaaterei.

Von Theodor Fontane (1819 bis 1898) weiß man, wie sehr er die Bahnfahrt schätzte. Nicht zufällig ziert eine dampfende Lokomotive die Biografie “Fontane – Ein Jahrhundert in Bewegung” von Iwan-Michelangelo D‘Aprile. Die Ballade “Die Brücke am Tay” könnte vermuten lassen, der Journalist und Dichter sei ein Skeptiker. Im Gegenteil. In der erst posthum veröffentlichten Erzählung “Zwei Post-Stationen” liest man: “Bald wird ein Eisenbahnnetz den gebildeten Teil Europas umschlingen.” Von der “großartigsten Erfindung der Menschheit” wird geschwärmt. Vom “Triumph des menschlichen Geistes”. Spott gilt den Provinzlern, die an der “Deutschen Post-Schnecke” hängen. Über Schmutz und Lärm allerdings kein Wort. Ökologisch waren die Menschen fast noch Analphabeten oder erblindet im Rausch der Reiserei.
Bleibt neben der Streckenführung und ihrem Preis auch die Taktfrage. Eine Petition fordert den schnellen Ausbau der Bahnstrecke RE 6 für den Halbstundentakt zwischen Wittstock, Neuruppin und Berlin. Viele Bürgerinnen und Bürger haben schon unterschrieben. „Nicht vor 2030!“, klingt einfach enttäuschend. „Nach 2031!“, wäre natürlich noch schlimmer: 2031 ist Schinkeljahr, in Berlin und Neuruppin wird des Genies gedacht. Was hatte er noch geschrieben über die Vewaltung der Eisenbahnen in Deutschland?