
Ein Erfolgsmusical mit Lachgarantie: “Der kleine Horrorladen”
Eine singende Pflanze, die Blut will und Glück bringt, das passt einfach in die Welt der Heilsverprechen. Dass der Stoff aus der US-amerikanischen Film- und Bühnenwelt eigentlich schon ziemlich alt ist, tat dem Erfolg keinen Abbruch.
“Idioten im Laden, Penner vor der Haustür”, das wirkt als Songtext im Glanz eines Schlosses, das die Richterakademie beherbergt, natürlich sofort, selbst am Wochenende. Und um Wirkung geht es im Musical “Der kleine Horrorladen” vom ersten Song bis zum letzten Lidschlag, von der ersten knallenden Tanzeinlage einiger “Nummerngirls” bis zur Schlussabrechnung des umtriebigen Blumenhändlers Mr. Mushnik, den Andreas Goebel gibt, Typ Mitmensch. Alle wollen gefallen, alle wollen Erfolg, niemand will nur darben oder verblühen. Und ohne Geld giltst du nichts. Marten Sand als Regisseur und Gesine Sand als Choreografin werden auch ihr Lied davon singen können in der krisengeschüttelten Glücks- und Unterhaltungswelt des 21. Jahrhunderts. Volles Haus kommt schließlich nicht von selbst.
Mit Johannes Hallervorden können sie einen Helden präsentieren, der als Seymor hemdsärmelig mit Mütze wie Rapper Eminem seinen Weg sucht unter Grazien und Großsprechern wie dieser Zahnarzt, der als Sadist erst unter Masochisten so richtig glücklich ist. Kai Hüsgen ist in seinem Element, wenn er geld- und geltungsgeil ins Publikum schaut, als suchte er dort weitere Opfer. In fünf Rollen ist der West-Fale voll gefordert, er könnte noch mehr. Aber Malefiz Hallervorden die Show stehlen – hier, wo sonst Justitia hofhält?

Die zunächst auf Einfältigkeit setzende Audrey wird von Sofia Larsson Utas gegeben. Die Arme, so scheint es, hat “Migration”, um es mit einem Etikett der amerkanischen Einwanderergesellschaft zu sagen. Vielfalt ist durchaus angesagt in der New Yorker Musicalwelt, das zeigen die flotten Tanzeinlagen in den Farben der Welt. Dass jene singende Heilpflanze, die als “Audrey zwo” (Lynne Ann Williams) Glück verspricht wie Goethes Mephisto dem verzweifelten Faust und elende Abhängigkeit bringt als Preis des Erfolgs, nicht in “Himmelblau” daherkommt, ist sicherlich allein der Natur geschuldet, also Blattwerk und Mundwerk. Blumig zuweilen auch die Poesie, köstlich die Kleinbürgerträume des Liebchens mit Mustertapete und Einheitsmöblierung. Da wurde herzhaft gelacht.
Die Kurzgeschichte “Green Thoughts” von John Collier aus dem Jahre 1932 soll 1960 inspirierend gewirkt haben, als der Komponist Alan Menken und der Texter Howard Ashman ans fabelhafte Horrorwerk gingen. Was das Ensemble im Park des Zietenschlosses daraus gemacht hat, kam sehr gut an, auch durch Selbstironie und hochvergnügte Tanzeinlagen mit Selfie. Ob man das auch vom Broadway sagen kann, wo der “Flowerpower”-Stoff in den letzten Tagen ebenfalls verabreicht wurde wie immergrüne Evergreens? In Wustrau läuft die Erfolgsnummer noch bis zum 23. August, jeweils am Wochenende. Die Homepage der Veranstalter weiß mehr.