Eine DDR-Planlektion in Sachen Cannabismarkt – Jakob Hein als Dealexperte
Der Titel ist furchtbar lang. Die Resonanz war wahnsinnig gut. Jakob Hein zum Ausklang des 30. Literarischen Bilderbogens einzuladen, erwies sich als Geniestreich. Ob einigen Gästen das Lachen im Halse stecken zu bleiben drohte angesichts eigener Verstrickung ins DDR-Herrschaftssystem, hätten selbst Überwachungkameras kaum festhalten können.
“Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste”, so hat Jakob Hein seinen jüngsten Roman genannt. Wo sonst primär vom Geld die Rede ist, ging es diesmal um eine andere Droge. Um Cannabis. Die besagte Idee ist sehr einfach. Die Umsetzung sehr gefährlich. Zumindest unter den Bedingungen des real existierenden Sozialismus. Die sowjetrussisch drangsalierte Volksrepublik Afghanistan liefert ins Freundesland, was sie zu bieten hat. Also zunächst nichts, später den Schwarzen Afghanen. Dank Grischa. Die Deutsche Demokratische Republik bekommt, was sie braucht. Also Westmark. Transithandel macht’s möglich, unmittelbar auf der Grenze, eine Gratwanderung!
Sparkassenkunden sind natürlich sofort tief verunsichert, denn vorab hieß es von hoher Warte, manchmal müsse man außergewöhnliche Wege gehen. Zur Not sogar Absurdes wagen. So Mario Zehle als Gastgeber, als Kulturförderer. Auf die Legalisierungdebatte ging er lieber nicht ein. Cannabis als Scherzkeks, das war sicherlich für viele Gäste eine Überraschung.
![IN hein lesung 2[89] IN hein lesung 2[89]](https://www.oprherz.de/wp-content/uploads/2025/12/IN-hein-lesung-289.jpg.webp)
Natürlich weiß Jakob Hein als Psychoexperte, dass Drogenabhängigkeit nichts Lustiges ist. “Bahnhof Zoo” wird erwähnt. Assoziationen werden geweckt. Ob der Autor zu weit geht, hätten in der DDR die Zuständigen entschieden nach Beschlusslage des ZK der SED. In Freiheit lassen wir es gerne offen. “Kulturatache der DDR” in Afghanistan, das führt in der Tat weiter als bloß ins Anbaufeld. “Held der Arbeit” bekommt auch einen ganz neuen Klang: “Für`s Nichtstun…” Humorlose werden das Werk hassen. Oder links liegen lassen. Eine Altersempfehlung? An Schulen lieber nicht vor Erreichen der Religionsmündigkeit, von wegen “Opium des Volkes”!
Grischa selbst hätte der verschwenderische Sparkassenabend gewiss gefallen. Nach der Einheit hat er vermutlich einen Job im Finanz- und Wirtschaftssektor gefunden. Kein Hinterzimmer, lieber Schalterhalle. Geschäfte anbahnen. Dienste leisten. Endlich SUV fahren, nie wieder Reichs- oder Deutsche Bahn. Und Mama und Papa wären stolz auf ihr FDJ-Kind.
Christoph und Christine Hein bestimmt auch, so wie Sohn Jakob, Planjahr 1971, drauf ist in der Fontanestadt. Halb krank, aber voll cool. Als Performer könnte Jakob Hein sogar das “Narrenschiff” von Papa durch die hohe See des Kulturbetriebs bringen. Oder ist Christoph Hein selbst schon gebucht für eine Kreuzfahrt nach OPR im Jahr 2026, Seefahrt inklusive?
Fotos: vhs