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IN shakespeare 1
Das Ensemble präsentiert sich zum Auftakt sehr professionell. I Foto: vhs

“Geh! Leb’ dein Leben!”

01.07.2025 | Volkmar Heuer-Strathmann

William Shakespeares “Sommernachtstraum” – ein Feuerwerk im Hangar 312

In dieser Nacht scheint alles möglich”, heißt es auf dem Programmzettel der Jugendkunstschule. Der Sommer, die Nacht, ein Traum – einfach berauschend oder betörend, was William Shakespeare da hervorgezaubert hat. In Neuruppin nahm man den Stoff, um die Intrigen und die Sehnsucht nach wahrer Liebe, die Rollenzuschreibungen und das Ringen um Identität noch weiter voranzutreiben. Drei Tanz- und zwei Theatergruppern erarbeiteten die Produktion unter der Leitung von Angela Hundsdorfer, Gritt Maruschke und Christine Schramm. Am Vormittag war der Hangar voll besetzt mit Schülerinnen und Schülern aus dem 8. Jahrgang. An diesem Vormittag war vieles möglich, doch die Temperaturen erhöhten noch die Beanspruchnung der Akteure und des Publikums, von den Aufsicht führenden Lehrkräften ganz zu schweigen.

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Häusliche Gewalt in gehobener Gesellschaft? I Foto: vhs

Als Lysander ist Mattis Linde zu erleben. Lennard Conrad gibt den Demetrius. Der Wertschätzung des Gezeigten entsprechend wären Dayamayi Lelling als Hermia, Clara Halfter als Helena und Leonie Seelmäcker als Herzog Theseus’ Verlobte zu nennen. Der wird gespielt von Viktoria Kadyrova. Bleibt Sabina Cheibas als Egeus, also als Hermias Vater. Elin Achilles ist “Gast” in dieser Nacht. Es ist nicht leicht, hier den Überblick zu behalten und sich zu vergegenwärtigen, was eigentlich gerade gespielt wird.
Denn um den roten Faden rankt sich eine verspielte Elfenwelt mit Oberon und Titania als Königspaar (Juri Marotzke und Lotta Leisering). Eltern, am Vorabend sicherlich zahlreich vertreten, wissen bei solch einer Produktion vermutlich genau, wo das eigene Kind agiert. Aber ein Zugereister? Dass hier die Probenarbeit selbst zum Bühnspiel wird, hat Witz und Selbstironie. Eine Baustelle ist aufgeschlagen. Warnwesten warnen. Lösungen werden gesucht. Gern mit dem Reclamheft in der Hand. Bei den großartigen Tanzpassagen wäre derartiges Herumwursteln grotesk. Man hat genug geprobt! Und ist nicht zu halten. Hier wird die versprochene Leichtigkeit wirklich erreicht und man fragt sich angesichts der Choreografien, warum nicht mehr und häufiger applaudiert wurde. Schüchternheit? Schulversagen?

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hantasialand reicht bis zur “Wand” und nicht weiter! I Foto: vhs

Stürmischen Applaus gab es erst am Ende. Und der galt auch Johanna Ihlefeldt, Anastasiia Matveieva, Anastasia Maslij, Viktoria Kadyrova, Alexandra Grandt, Nina Berger und Valentin Heinhold – von der “Bohnenblüte” bis zur “Wand”. Puck, ebenfalls Elf, hatte sich vervielfacht. Außer bereits genannten Akteuren wären Taisiia Chudnovska, Johanna Pohl und Nayla Langer zu nennen. Die Kostümierung war eine Wucht, Desiree Bühler-Oesterle war dafür zuständig. Für die musikalische Balance zwischen anmutigen Klängen und fetzigen Rhythmen sorgten Jochen Kilian, Ludovico Enaudi und Daniel Hope.
Bleiben die beiden Stimmen, die zu Beginn und zum Ausklang zu hören sind. Lebensfragen stehn an. Ratgeberrhetorik? Weit mehr! “Geh! Leb’ dein Leben!”, heißt es plötzlich. Frank Matthus und Angela Hundsdorfer haben diesen Rahmen geformt. Wort für Wort. Als die jungen Leute im Spiel von Individualität und Vielfalt sprechen, von Hautfarbe, Geschlechtern, von Wünschen und Ängsten, hatte die mutige Inszenierung ihre größte Intensität. Furios! Aber sicher nicht ganz leicht “für alle Generationen verständlich”…