
Große Bandbreite beim Kurzfilmabend im Hangar 312
Recht gute Resonanz zum Saisonausklang.
Ein schrilles Musikvideo, als hätte ein teuflischer Engel Regieaufgaben bei der Bundesagentur für Arbeit übernommen, um für Berufe in der Betonwelt zu werden. Eine modern konzipierte Dokumentation, die auf erschütternde Weise an den gewaltsamen Tod eines jungen Jesiden in Celle erinnert. Größer können Kontraste kaum sein. Zum Kurzfilmabend im Hangar 312 gehörten beide Beiträge. Arne Krohn konnte sich als Veranstalter über ein recht reges Interesse freuen.

Alina Cyranek, selbst mit “Die Kurve” vertreten, gab eine kleine Einführung zu den Werken. “Eine einsame Tat” von Constanze Wolpers beansprucht nicht, die Frage nach Mord oder Zufallstat endgültig klären zu können. Das Tragische kontrastiert krass mit Fimausschnitten vom WM-Finale 1990. Am Tatabend streamt ein Mitarbeiter der Celleschen Zeitung ein bisschen, während Meldungen auflaufen. Man staunt, wie zurückhaltend die Heidjerin mit der NS-Geschichte ihrer Heimatstadt und der Region um Bergen-Belsen umgeht. Paar Glanzbilder vom Schloss, paar Rassepferde und reichlich Volksfeststimmung – mehr nicht. Aber das “Gastarbeiter”-Thema in der Prachtstadt, das hatte ihnen Telefunken eingebrockt. Und nun in jüngster Vergangenheit die Geflüchtten, darunter Arkan Hussein Khalaf. Tot. Erstochen. “Zufallstat” eines Gelegenheitstotschägers? Geschickt wurde mit geschwärzten Passagen aus amtlichen Dokumenten auf Verdunkelungsgefahr angespielt.
Als weitere Helden waren zwei Missionierende im Osten Deutschlands zu erleben. “Der Ruf” von Karl-Friedrich König hat etwas Amateurhaftes. Das ist nicht als Kritik zu verstehen. Man könnte meinen, die Aufnahmen im Dorf seien irgendwie beiläufig entstanden. In Wahrheit, so Cyrnek, war der Aufwand groß, allein schon um den tödlichen Sturz in die Tiefe zu filmen. Gott hört anscheinend doch nicht jeden Ruf.

“Es ist kälter geworden” von Ella Zeißig erwärmt die Herzen. In einem Fotoalbum wird geblättert. Es geht um ein Kasernenleben zur DDR-Zeit, es geht um Liebe. Briefe sind zu hören und zu sehen. Ein Film im schlichten Sinne ist das nicht, was da von der Leinwand herabkommt auf das Publikum. “Die Zeit in der Kaserne bleibt verlorene Lebenszeit”, heißt es in der Ankündigung. Dass viel Unersetzliches zu finden ist in den animierten Dokumenten, gehört zur Dialektik des Lebens. Schwarz-Weiß-Malerei dieser Art ist einfach großartig.
Gegenüber dem “Motivationsfilm Nr. 751” aus Nürnberg (Regie: Michael Sommermeyer/Manuel Francecon) mitten aus der spritzigen Betonberufswelt wirkten “Die Kurve” und “Stadtrand” weniger spektakulär. Doch die Stadionwelten und die Randbezirke von Halle an der Saale fügen sich womöglich zu einem eigensinnigen Zeitbildstrom. Unbändige Lust auf Stadionstimmung könnte ihre Quellen durchaus in der Tristesse entlang solcher Bahngleise, Straßen und Siedlungen haben. Das ist im Hangar am Stadtrand von Neuruppin ganz anders. Das Filmerlebnis in diesem einmaligen Ambiente lässt Vorfreude aufkommen auf die nächste Saison. Nicht von Hansa, nicht von Hertha, nicht von Union, nicht im hiesigen Volksparkstadion: Hier an Ort und Stelle und hoffentlich bei Gelegenheit wieder mit einem Mix an Kurzfilmen….