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IN wandbild fontane 1
Sonntagsstimmung auf der Neuruppiner Junckerstraße in Höhe Fontanebild.

In der Junckerstraße gibt’s nun (fast) den ganzen Fontane

01.09.2025 | Volkmar Heuer-Strathmann

Vor ein paar Tagen der Rohrbruch in der Junckerstraße mit wirkmächtigen Wassermassen, nun ein Stilbruch? Ein riesiges Wandbild auf einem Wohnblock gewährt tiefen Einblick in Theodor Fontanes Innenleben.

Das Ursprungsbild kennt man, nicht nur in der Fontanestadt: Der Dichter Theodor Fontane mit einer Feder in der Hand – eine stilvolle Pose, zumal bei der Kleidung nicht gespart wurde. Ein Informationsschild gibt es noch nicht an der Junckerstraße. Aber es war zu hören und zu lesen, dass der Österreicher Nychos am Werk war. Der Auftrag sei von der Eigentümerin des Blocks, der Medizinischen Hochschule Brandenburg, an den Streetartkünstler ergangen. In diesem Format.

Ein paar Bewohner, die hier namentlich nicht genannt werden wollen, erzählen vom nächtlichen Schrecken. “Der Schädel, die Knochen, das ist doch furchtbar – vor allem im Dunkeln.” Eine Dame mittleren Alters ergänzt: “Besonders als Frau, wenn man sowieso schon bei Dunkelheit Bedenken hat, draußen alleine herumzulaufen.” Ihr Mann beklagt: “Gefragt hat man unseres Wissens niemanden hier im Block! Uns zumindest nicht!” Eine ältere Passantin scherzt auf der Seite gegenüber: “Ich sehe sehr schlecht. Ich habe nur gehört, dass der Fontane da groß abgebildet sein soll.”

IN wandbild fontane 2
Seit über hundert Jahren wird hier notiert, was läuft im näheren Umfeld.

Erst kürzlich war bei der Veranstaltung zu Ehren von Max Wiese, dem großartigen Bildhauer, die Frage aufgekommen, wohin sein alter Fontane denn eigentlich blicke und warum. Gegenwärtig könnte der Dichter Grund haben, mal tiefer in die Junckerstraße hineinzuschauen. Auch für den Fall, dass die Kunstbetrachtung hohe Wellen schlägt. Im Internet etwa.
In einer Lokalzeitung wird Mario Zetsche, der Kulturamtsleiter, mit den Worten zitiert: “Das ist eine gelungene küntlerische Interpretation mit dem Titel ‘Dissection von Theodor Fontane’.” Sie führe sicherlich zur Diskussion und damit zur Gegenwartseinordnng von Theodor Fontane. Die Sparkasse OPR habe Unterstützung gewährt, erfährt man.

An der Hauswand in der Junckerstraße prallen ganz unterschiedliche Betrachtungen aufeinander. Ob man in der Karl-Friedrich-Schinkel-Gesellschaft Interesse daran hat, mal zu einer Veranstaltung über diese Art Haus, Straßen- und Stadtkunst einzuladen? Eben erst gab es am Kunstkiosk einen Vortrag zur kulturellen Partizipation. Von künstlerischer Freiheit war auch die Rede. Der öffentliche Raum hat allerdings andere Dimensionen als eine Galerie oder eine private Wohnung. Dass das Projekt der Hochschule wagemutig und unkonventionell ist und von humorigem Hintersinn geprägt wird, steht dabei außer Frage.

 

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Fotos: vhs