Skip to main content
Generic filters
Exact matches only
Search in title
Search in content
Search in excerpt
IN peter und der wolf eins
Ein großartiges Trio: Matthias Noack, Lisbeth Amberger und Vivien Geldien. I Foto:vhs

Instrumentenkunde, Lebensvielfalt und Unterhaltungskunst

06.07.2025 | Volkmar Heuer-Strathmann

“Peter und der Wolf” als Orgelkonzert fand große Resonanz

Über die Eltern erfahren wir nichts. Über den Großvater wenig. Aber er kümmert sich, wenn seinem Enkel Gefahr droht. Etwa aus Leichtsinn. Aus Neugier. Aus Mitgefühl. Peter heißt der Knabe. Eigentlich Pjotr, eigentlich in kyrillischer Schrift zu notieren. Mit “Peter und der Wolf” hat der russische Komponist Sergei Sergejewitsch Prokofjew 1936 ein Werk veröffentlicht, das primär musikdidaktische Zwecke hatte. Von Instrumentenkunde wäre zu reden.

Nun kam eine Bearbeitung von Heinrich E. Grimm in der Klosterkirche zu Neuruppin zur Aufführung – morgens gleich dreimal für Kinder, am frühen Abend für alle Generationen. Orgelmusik erklang. Was es mit diesen vielen Pfeifen auf sich hat, ließen Vivien Geldien aus Bad Reichenhall und Lisbeth Amberger aus Bad Gandersheim auf wunderbare Weise erlebbar werden. Kirchenmusikdirektor Matthias Noack schlüpfte nicht nur in die Rolle des Vorlesers, er machte auch den Vogel, die Ente und den Wolf. Wenige Bewegungen reichten, um den Kreis der Kreaturen in der Kirche zu erweitern. Ob bei so viel Begabung und so kunstvoller Sparsamkeit die Illustrationen von Christiane Fürtges überhaupt noch notwendig waren? Womöglich für die Kinder aus den Grundschulen und Kindergärten.

Auch in der Spätvorstellung hörten die zahlreichen Gäste vorab, was bei Prokofjew der Klang von Instrumenten wie Klarinette, Flöte und Oboe verkörpern soll. Katze, Vogel, Ente – eine dramatische Sitution. Und das im Gotteshaus. Vom Paradies keine Rede. Dann das Kind, später der Großvater, noch später die Jäger. Männer mit Gewehren. Abknallen? Also den Wolf?

Vier Hände und vier Füße sind bei solchem Tumult, bei solchen Turbulenzen, bei all den Tasten und Registern gerade genug, um der Vielfalt und Variationsbreite des Lebens gerecht zu werden. Ein Schuss fällt nicht. Aber es donnert, es dröhnt: Ethische Fragen stellen sich, zuerst für das sensible kluge geschickte Kind. Großvater brummt. Der Wolf hechelt und lechzt. Die Handlung zieht in den Bann. Den Wolf verbannen?
Dass die Geschichte vom Wolf im 21. Jahrhundert wieder so brisant werden könnte in unseren Breiten, macht den Musikbühnenstoff, der schon früh den Weg in die Bilderbücher der Kinderzimmer und auf die gute alte Schallplatte fand, noch wichtiger. Die ganze Abschussdebatte mal mit Kinderaugen und Kinderohren vergegenwärtigen? Auch Schafe ins Spiel bringen? Das gute Ende, von der armen totlebendigen Ente mal abgesehen, bis in die Wolfsgehege der Tierparks verfolgen? Dazu Fotos wie aus Kunsterpring als leuchtende Beispiele? Es war vermutlich kein Zufall, dass Jesus am Kreuz ganz nah am Kunstgeschehen war in der Klosterkirche.

IN Peter und der Wolf drei
Am Wolfsgehege im Tierpark Kunsterspring. I Foto vhs

1936 war Hochzeit der Diktatur Josef Stalins. Also ein Tiefpunkt. Der Wolf an der Staatsspitze, was ließe sich da fabulieren, interpretieren und musizieren. Dann ein und der derselbe Todestag für Kommunist und Komponist! Höllendonner und Vogelgesang. In der Klosterkirche aber standen Werktreue und Unterhaltsamkeit im Vordergrund, sicher schon wegen der Vormittagskinder. Für die Darbietungen gab es rauschenden Beifall. Die Großzügigkeit dürfte mitgewachsen sein, um Musikprojekte dieser Art auch fürderhin finanziell zu ermöglichen. Ob die “Arche Noack” auch mal dabei ist in der Fontanestadt mit Orgel, Orchester, Solo- und Chorgesang?