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IN classics 1[68]
Labsal für die Seele: Anna-Theresa Albrecht und Christina Domnick. I Foto: vhs

Mit Classic Nights in eine neue Kulturzeit am Klinikum

09.08.2025 | Volkmar Heuer-Strathmann

Ein schönes Mondlicht, linde Lüfte, der Abendflug der Schwalben – ideale Voraussetzungen für die erste der beiden Classic Nights, eine Premiere im Park hinter dem Universitätsklinikum in Neuruppin. Die Sopranistin Anne-Theresa Albrecht und die Pianistin Christina Domnick erwiesen sich als Idealbesetzung. Geschäftführer Alexander Lottis hatte den Gästen nicht zu viel versprochen.

Dabei geht es fast ausschließlich um die Liebe. Um Sehnsucht und Enttäuschung, um Schwüre und Schwerenot, um Innigkeit und Zwist. Arien aus “Die Hochzeit des Figaro” von Wolfgang Amadeus Mozart und Giacomo Puccinis “Tosca” gaben der stimmgewaltigen Sängerin Gelegenheit, alle Fesseln zu sprengen. Rein musikalisch, versteht sich, und mit viel Temperament am Flügel begleitet. Die Lage der Frau war nicht so rosig – im Leben nicht und auf den Bühnen auch nicht. Mit feinem Humor wies die Sängerin darauf hin, dass es die Untreue (nicht nur des Mannes) immer noch gibt. “Der Alte mit einer Jüngeren” – die ganze schlichte Klischeekiste. In der Rolle der Carmen in der gleichnamigen Oper von George Bizet kam dann viel Schillerndes ins Spiel und kleine Kostproben tanzender Bewegung. Das gefiel besonders. Nicht nur nach dieser Lustnummer wurde reichlich und herzlich applaudiert.

Was hatte Karl Friedrich Schinkel 1824 aus Neapel an seine Frau Susanne geschrieben? “Leider kann ich von allem Schönen, was hier ist, nur das Theaterwesen nicht mit hineinrechnen.” Zum Glück kann man Konzertdarbietungen dieser Art zum Besten im Kulturleben der Schinkelstadt hinzuzählen. Operette und Musical wurde auch gegeben. “I feel pritty” aus der “West Side Story” von Leonhard Bernstein dürfte vielen gegen Ende der Liegekur aus der Seele gesprochen haben. Freier Eintritt ist natürlich auch nicht ohne Wirkung.

IN classics 2[34]
„Wir haben noch viel vor”: Geschäftsführer Alexander Lottis voller Optimismus. I Foto: vhs
Alexander Lottis hatte als Geschäftsführer bei der Begrüßung der über hundert Gäste darauf hingewiesen, dass mit dieser Premiere ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Klinikums beginnen solle. Durch kulturelle Angebote eine intensivere Verbindung zur Bevölkerung herzustellen und zu erhalten, das ist die Absicht. Die Bedingungen sind ideal, nicht nur in der Idylle am Teich. Eine Lesung etwa von Gedichten von Georg Heym, der hier als nach Neuruppin “verbannter” Gymnasiast herumstreifte und sich wunderte über den Park beim “Irrenhaus”? Das ginge besonders gut in den Mauern der Anstalt. Diesmal war “Parsifal”, die schönere, die kleinere Ausgabe, bloß stummer Gast auf dem Wasser. Endlich mal was vom alten Wagner hören! “Dich, teure Halle, grüß ich wieder”, galt nicht der Notaufnahme. Neben “Tannhäuser” kam “Lohengrin” daher. Also nicht er. Elsa. Anne-Theresa Albrecht erreicht die Seelen, wenn sie, ganz in der Rolle, mutterseelenallein, singt: “Einsam in trüben Tagen”. Einsamkeit und Krankheit – ein sensibles Thema, von Gebrechlichkeit ganz zu schweigen. Dass wirklich alle Generationen unter den Gästen vertreten waren, darunter Personal und Patienten, zeigt die starke Seite dieses Formats. Was hätte das junge Paar, das in diesen Tagen Nachwuchs erwartet, denn Besseres machen sollen, als zumindest mal kurz am Teich in die Welt der Musik einzutauchen?

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„Einer wird kommen!” Mehr nicht? Anna-Theresa Albrecht in ihrem Element. I Foto: vhs
“Dein ist mein ganzes Herz”, erklang. Mit Robert Stolz ging’s ins “Land des Lächelns”. Sie strahlt. Vorher ein Schluck Wasser, zwischendurch ein paar Worte. Nie zu viel, keine Redseligkeit. Dann wieder volle Präsenz, Eleganz und ein langer Atem, Arie für Arie, in vier Sprachen, ungebremst. Wahnsinn! Nicht als Diagnose, von wegen “Hysterie”. Es ist natürlich keine Selbstverständlichkeit, dass zwei Musikerinnen dieser Güteklasse den Weg nach Neuruppin finden. Und auftreten in Konkurrenz zum Weinfest. So weit gefächert ist das Angebot inzwischen in der Fontanestadt. Edle Tropfen gab’s im Park übrigens auch, also nicht nur auf dem Schulplatz.