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IN PiPi Meyer Projekt 1
“Heute kein Eintritt!” – Die Kunstobjekte auf dem Schulplatz. I Foto: vhs

Schulplatzkunstevent: Von PISA 2000 zu PIPI 2025?

29.07.2025 | Volkmar Heuer-Strathmann

Eine spektakuläre Autobahnaktion aus Neuruppin

“Kreativität ist bewundernswert”, lasen viele Schülerinnen und Schüler vor 25 Jahren in einem Brief. Und dann lasen sie: “Aber die Leute sollten Ausdrucksformen finden, die der Gesellschaft keine zusätzlichen Kosten aufbürden.” Klar! Es geht um Graffiti. Und der Brief ist bekannt geworden, weil die Initiatoren von PISA 2000, jener bahnbrechenden OECD-Studie mit fünfzehnjährigen Probanden, anhand modern und brisant anmutender Materialien Textverständnis prüfen wollten.
Auf die Idee, mit Graffiti gegen Vandalismus vorzugehen, wäre damals wohl niemand gekommen. Aber heute, aber in Neuruppin, aber bei PiPi-Meyer. Ein Street-Art-Wettbewerb wurde im Frühjahr 2025 ausgeschrieben. Man will “Schluss machen mit beschmierten Toiletten auf Autobahnparkplätzen”. Der Wettbewerb fand Resonanz, die Ergebnisse konnten erst kürzlich auf dem Schulplatz bestaunt werden. Die Preissumme von insgesamt 850 Euro dürfte auch gelockt haben. Einzelheiten sind auf der Hompage der Firma zu finden.
Wer gute Ohren hat, konnte anlässlich der Präsentation ein paar Kommentare von Passanten auffangen. “Hä?”, verriet Verwunderung. “Geht’s noch?”, wirkte ein wenig empört. “Versuch macht klug!”, klang da schon ziemlich tolerant. Teststrecken für autonomes Fahren gibt es bereits. Warum nicht A 10 und A 24 als Teststrecken für kultiviertes Benehmen einrichten? PIPI 2025? PiPi Meyer Neuruppin schreibt Autobahngeschichte, Nachhaltigkeit inbegriffen? Das Museum Neuruppin erhält vorauseilend ein Exemplar als Präsent? In der Edition Rieger erscheint ein Bildband mit Kunsttheorie und frischen Statements der jungen Leute? Die ganze Welt erfährt, dass das Schablonenhafte der legendären Neuruppiner Bilderbogen endlich überwunden wurde?
In einem zweiten Brief hieß es damals bei PISA 2000: “Harte Zeiten für die Kunst!” Die Verfasserin stellte Vergleiche von Graffiti und Werbung im öffentlichen Raum an. “Warum?”, wurden die Zöglinge gefragt. Zur Erinnerung: Netzwerke und Plattformen wie “Facebook” gab es noch nicht. Fake News durchaus, aber noch nicht auf den heutigen Kanälen und derart kunstvoll, dass es zu wenig wäre, nur “Textverständnis” wie zur Jahrtausendwende zu fördern.

IN PiPi Meyer Projekt 2
Vom Neuruppiner Bilderbogen zur Neuruppiner Kunstbox. I Foto: vhs

Klar, an Sigmund Freud kommt man wieder nicht vorbei. Abschied vom Tabu der Ausscheidungen der Menschen. Hin zum Risiko, dass mancher Mensch sich – wie auf dem Schulplatz – nicht anders zu helfen weiß, als lauthals zu rufen. “Schei… Kunst!” Ein einziges Wort wäre auch möglich und gnadenlos vieldeutig. Was aber wenn die Parkplätze an den Autobahnen überfüllt sind, weil die Menschen einfach nur sehen wollen, was Box-Kunst aus Neuruppin vermag? Und was würde Adolf Hitler dazu sagen, der Verbrecher, der Initiator des kriegstauglichen Streckennetzes durch sein braunes “Reich”? Und seine Rechtsnachfolger?