
“Wertschätzen” – eine Vernissage mit Werken von Uschi Jung
Das Haus wirkt unspektakulär, doch in den Räumen explodieren die Farben. Galerist Johannes Bunk hatte in den Kunstraum Neuruppin eingeladen und die Resonanz am Sonntagmittag mitten in den Ferien war erstaunlich. Fast ein bisschen eng für die Werkbetrachtung. “Sie können gerne wiederkommen”, meinte der gutgelaunte Galerist zu den zahlreichen Gästen. Mal ganz in Ruhe schauen, was hier geboten wird. Ob die sogenannte KI das auch könne, war die Frage, der Ulrike Liedtke als erfahrene Kunstbetrachterin bitte mal spontan nachgehen sollte.
Für die Musik bestritt die Musikwissenschaftlerin die Möglichkeit. Für die Malerei pflichtete die bildende Künstlerin ihr bei. KI-Kunst bleibe Auftragskunst, da war man sich einig. Der Impuls komme immer vom Menschen. Die Vorgaben auch. Als wesentlichen Unterschied führten Liedtke und Jung die Emotionalität an, das Inspirierende, das Überraschende. Außerdem könne die KI, so Liedtke, nicht “wertschätzen”, nicht zu verwechseln mit “Wert schätzen”. Katalogisieren, kategorisieren – das weite Feld ist längst betreten im Kapitalmarkt Kunst.

Die Künstlerin präsentiert mit “Kulturland” selbst ein Beispiel, das den Unterschied markiert. Wir sehen Neuruppin von oben. Schematisiert. Klar konturiert, aber ohne krasse Kontraste. “Als Stadtplan ungeeignet”, würde die KI urteilen, gefüttert mit allem, was GPS braucht für die Raserei. Nicht nur diesem Bild wurde viel Wertschätzung entgegengebracht, also eigentlich der Künstlerin. Die nimmt sich allerdings gerne etwas zurück und lässt lieber die Farben, die Formen, die Verwicklungen sprechen, die nicht so leicht zu entwirren sind. Ihr “Himmel über Brandenburg” prägt sich ein. Da dreut etwas, so wie die Kräfte wirken, die entfesslt sind. Ulrke Liedtke, diesmal nicht als Politikerin zu Gast, deutet an, dass man dieses Werk (und andere) womöglich mal in Potsdam präsentieren könne. Sie ist da berufstätig und hat mit dem gesamten politischen Farbspektrum zu tun.

Wie vor einem Rätsel steht man vor “blauVERDECKT”. Irgendwer muss Brandenburgs Adler an den Hals gegangen sein. Die Blauen? Blut tropft. Das Tier scheint in tiefer Not. Andere sehen anderes. Ein jüngeres Werk, “gebrochene UNSCHULD” genannt, spielt mit einer Drohne. Als wäre nicht aufgeräumt worden, liegt sie da. Kabelsalat. Blutrot der Grund. “Nicht kriegstauglich”, kommentiert ein Kriegskundiger. “IM RHYTHMUS I und II” macht die Grenze fließend zwischen Musik und Bildender Kunst, zwischen Violinschlüsselmotiv und Farbformgestaltung.
“Wertschätzung des Lebens” – hier in dieser großartigen Ausstellung wird sie künstlerisch offenbar. Die Präsentation, zu der auch Kleidsames gehört und allerlei anderes Machwerk, läuft noch bis zum 14. September 2025, Mittwoch bis Samstag von 15 bis 18 Uhr, am Sonntag von 11 bis 13 Uhr. Freie Gruppen und Kunstkurse sollten sich lieber anmelden. Eigentlich wäre ja ein Einzelbesuch das Einzige, was die Werke vollumfänglich zugänglich machen könnte…
+++++++++
Fotos: VHS