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Haus in der Kirchstraße mit der umstrittenen künstlerischen Gestaltung.

Denkmalschutzkontroverse in Rheinsberg um ein städtisches Gebäude

13.10.2025 | Volkmar Heuer-Strathmann
Auf den ersten Blick denkt man nicht an ein denkmalgeschütztes Haus, wenn man das städtische Gebäude in der Kirchstraße betrachtet. Das Haus zur Linken zeigt oben übermaltes altes Fachwerk, zur Rechten gibt’s im Oktober herrliches Herbstlaub und ein wirklich betagtes Haus. Das Auge der unteren Denkmalschutzbehörde beim Landkreis aber richtet sich auf das renovierte Gebäude mit dem von Silke Thal künstlerisch gestalteten Fries. Und beklagt Gesetzesverstöße.

m Geschmacksfragen geht es also nicht. Die Idee, an einem Haus auf die Anlässe hinzuweisen, die Menschen hier zusammenkommen lassen oder ließen, hat Tradition in der Baukunst. Man denke nur an das Handwerk. Silke Thal bietet im Hintergrund die historische Kulisse, also Rheinsbergs beste Seite mit dem Schloss und anderen signifikanten Elementen. Die farblich hervorgehobenen Motive wirken plakativ, aber nicht aufdringlich. Die Farbwahl passt ins Gefüge der Stadt mit ihren denkwürdigen Bürgerhäusern.

Die zuständige Behörde in Neuruppin sieht allerdings einen Gesetzesverstoß. Denkmalschutz sei nicht beachtet worden. Verschiedene Daten für die Abwicklung kursieren. Der zuständige Architekt Peter Köster räumt gegenüber der Presse Versäumnisse ein. Er hofft, der Konflikt lasse sich auf unterster Ebene lösen und führe nicht zur Beseitigung der Kunst am Bau. Laut Landkreis laut Presse ist der Stadt eine Frist von drei Monaten für die Beseitigung gegeben. Sie läuft seit September. Das genaue Datum kennen die Akten. Und der Rheinsberger Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow (BVB/Freie Wähler) sicherlich auch.

Genau fünfzig Jahre ist es her, dass der Europarat eine große Kampagne in Sachen Denkmalschutz startete. Damals waren sogar Länder wie Ungarn und Polen mit dabei, die DDR nicht. Auf einem Kongress in Amsterdam ging es 1975 darum, sich gegen die Abrissorgien zu positionieren. In der Karl-Friedrich-Schinkel-Gesellschaft erinnerte man eben erst daran. An Dilemmata ist seitdem kein Mangel, allüberall. Nun also auch im schönen geschichtsträchtigen Rheinsberg, allerdings eine Nummer kleiner.

Der Presse war zu entnehmen, dass der 2024 im Terminstress vergessene Antrag nun von Köster nachgereicht worden sei. Als ehemaliger Bürgermeister lobt Manfred Richter die Arbeit der Künstlerin am Bau. “Dezent und unauffällig”, das sei Thal gelungen, ganz wie beauftragt. Und mit Humor, das Lob ließe sich ergänzen. Man schaue nur auf den Kniefall des Bräutigams oder die Körpersprache der Diskutierenden. Das soll weg? In Zeiten der Verrohung, der Verdrossenheit, der schwindenden Buchseligkeit?

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Junge Menschen im Gespräch – Debatte als Motiv der dezenten Wandkunst.

Gleich gegenüber hat Ulrike Liedke (SPD), die amtierende Landtagspräsidentin, ihr Bürgerbüro. Man darf gespannt sein, wie sie sich positioniert in diesem Konflikt. Kunst liegt ihr am Herzen, das weiß man. Stadtgeschichte nicht minder. Bis zum Beginn des Jubiläumsjahres 2026 müsste die Angelegenheit geklärt sein, folgt man dem Landkreiskalender.

Im Falle der Übermalung hätte Silke Thal natürlich ein Motiv für Live Painting, ihre Leidenschaft. Anstreicher am Werk? Von diesem womöglich illegalen Kunstwerk, das Tradition und Moderne in symbolischer Verdichtung gekonnt verbindet, bliebe etwas erhalten, wenigstens auf Papier. Oder mal auf Stein – eine Platte zum Gedenken? Kein einfacher Fall…

 

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Fotos: vhs