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Beschriftung
Thomas und Diana Hausbalk in ihrer Fretzdorfer Filiale. Foto: Christamaria Ruch

100 Jahre Handwerk, Herz und Tradition: Großes Jubiläum bei der Bäckerei Hausbalk

09.03.2025 | Christamaria Ruch

Die Bäckerei Hausbalk feierte runden Geburtstag. Thomas Hausbalk leitet das Familienunternehmen, das in Ostprignitz-Ruppin mehrere Filialen betreibt, in dritter Generation – ein Besuch in Fretzdorf.

Fretzdorf. Rühren, kneten und wiegen gehören zu den alltäglichen Handgriffen in der Backstube. Wie in einem Uhrwerk greift bei den Bäckern alles Hand in Hand. „Einen anderen Beruf konnte ich mir nie vorstellen“, sagt Thomas Hausbalk. Der Bäckermeister ist Handwerker mit Leib und Seele.

In dritter Familiengeneration leitet der 56-Jährige das Unternehmen mit Stammsitz in Fretzdorf, einem Wittstocker Ortsteil. Kürzlich feierte die Bäckerei ihr 100-jähriges Bestehen und damit auch 100 Jahre Handwerk, Leidenschaft und Tradition. Thomas Hausbalks Großvater Richard gründete die Bäckerei und Konditorei am 24. Oktober 1924 als Familienbetrieb.

Eine Bäckerei mit Geschichte

20 Brot-, zehn verschiedene Brötchensorten, viele feine Backwaren und unterschiedliche Torten gehen heute bei der Bäckerei über die Verkaufstheken. Neben dem Laden in Fretzdorf betreibt das Unternehmen sieben Filialen in Kyritz, Neuruppin und Wittstock. Es gibt sogar ein Brot, das den Namen der Bäckerei trägt: der Hausbalken, ein Kastenmischbrot. „Nach wie vor ist Mischbrot unser Hauptprodukt“, sagt Thomas Hausbalk.

 

Der Hausbalken ist ein Kastenmischbrot, das den Namen der Bäckerei trägt. Foto: Christamaria Ruch

 

Das Brot wird mit zweistufigem Sauerteig hergestellt. Auch die Brötchen werden nach traditioneller Rezeptur gefertigt. „Wir sind der Bäcker von nebenan, aus der Region und für die Region“, sagt Thomas Hausbalk. Alle Backwaren entstehen mit Herz und Hand. Seit einem Jahrhundert. „100 Jahre sind schon eine lange Zeit. Was ist da nicht alles in der Welt passiert?“, sagt der Bäckermeister bei einem Gespräch am Küchentisch. „Dieses Jubiläum ist eine Hausnummer“, sagt seine Frau Diana Hausbalk.

Backen nach alter Handwerkstradition

Rückblende: Richard Hausbalk legte 1924 im Alter von 25 Jahren den Grundstein für die Bäckerei. Er erlernte den Beruf des Konditors in Wittstock, arbeitete in Warnemünde und Wittenberge und sammelte Erfahrungen für seine Selbstständigkeit. Mit seiner Frau Gertrud baute er den Familienbetrieb auf. 1927 bestand Richard Hausbalk die Meisterprüfung zum Konditor. 1928 schaffte er die erste Knetmaschine an. „Die Gründung der Bäckerei war damals mutig“, sagt Thomas Hausbalk über seinen Großvater. „Der Beginn der Bäckerei lag zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, wie beschwerlich war das doch“, sagt Diana Hausbalk.

Das Team der Bäckerei Hausbalk bei der Feier zum 100-jährigen Firmenbestehen. Foto: Vincent Mosch

Heute sind zwei Verkaufswagen der Bäckerei in der Region unterwegs und liefern die Backwaren in viele Dörfer. Vor 100 Jahren gehörte das Pferdefuhrwerk zum Transportmittel. Richard Hausbalk machte sich damals einen Namen mit der Weihnachtsbäckerei, die sich zu seiner wichtigsten Einnahmequelle entwickelte. Diese Genüsse versüßten vielen Menschen die Advents- und Weihnachtszeit. August Hausbalk, der Vater des Bäckereigründers, unterstützte das junge Familienunternehmen. „Mein Uropa war oft mit Pferd und Wagen in der Region unterwegs, sammelte Bestellungen für die Weihnachtszeit ein und lieferte die Waren aus“, weiß Thomas Hausbalk aus Erzählungen. Das Weihnachtsgebäck ging sogar mit der Bahn in den Versand bis nach Berlin.

„Die Bäckereigründung hat funktioniert“, sagt Thomas Hausbalk. Ein Handwerksbetrieb, der die Familie ernährt. 1933 ersetzte ein Neubau das alte Fachwerkhaus in Fretzdorf; dort befinden sich bis heute die Bäckerei und das Geschäft als Herzstück des Unternehmens. Ab 1938 gehörte ein erstes Firmenauto zur Bäckerei. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kehrte zunächst Alltag in die Bäckerei zurück. 1953 folgte dann ein Einschnitt: Der Konsum übernahm die private Bäckerei.

Ein Unternehmen im Wandel der Zeit

Richard Hausbalk verlor seine Selbstständigkeit und war fortan in der Konsum-Bäckerei angestellt. Mit seinem Sohn Ernst Hausbalk, Jahrgang 1932, stieg die zweite Generation in das Backhandwerk ein. Ernst Hausbalk übernahm 1956 im Alter von 24 Jahren von heute auf morgen die Leitung der Konsum-Bäckerei, nachdem sein Vater verstorben war. 1958 erhielt er die Bäckerei vom Konsum zurück, bestand 1962 die Meisterprüfung zum Konditor und leitete mit seiner Frau Erna das Familienunternehmen.

 

Familie Hausbalk um 1940: Konditormeister Richard Hausbalk (2.v.r.) und Sohn Ernst Hausbalk (2.v.l.) gehörten zur ersten und zweiten Bäckergeneration in der Familie. Die Aufnahme entstand Weihnachten um 1940. Foto: privat

 

Thomas Hausbalk ist die mittlerweile dritte Generation, Jahrgang 1968. Er begann 1985 seine Bäckerlehre im elterlichen Betrieb und hatte Ende 1989 mit 21 Jahren seinen Meisterbrief im Bäckerhandwerk in der Tasche. Seit 2012 ist er Obermeister der Bäckerinnung Prignitz. Seine Frau Diana Hausbalk stieg 1987 in das Familienunternehmen ein. Sie ist Verkaufsleiterin und kümmert sich um die Filialen. „Die Bäckerei ist mein Leben“, sagt sie.

„Einen richtigen Entwicklungssprung im Unternehmen gab es mit der Wendezeit 1989/1990“, erinnert sich Thomas Hausbalk. Damals herrschte eine ähnliche Aufbruchstimmung wie bei der Bäckereigründung. „Mein Vater hatte 1990 alles für mich und die Zukunft der Bäckerei reingehauen“, sagt Thomas Hausbalk. 1990 erfolgte ein Anbau an der Backstube, zwischen 1991 und 1994 eröffnete die Bäckerei sieben Verkaufsfilialen in Kyritz, Neuruppin und Wittstock.

Wertschätzung für echtes Handwerk

„Damit sind wir gut aufgestellt“, sagt der Bäckermeister. Thomas Hausbalk trat mit 26 in die erste Reihe, nachdem sein Vater Ende 1994 verstorben war. „Das war auch von heute auf morgen, so wie mein Vater das einst erlebt hatte“, sagt Thomas Hausbalk.

Die Entwicklungen in Deutschland treffen auch das Bäckerhandwerk. „Das wirtschaftliche Umfeld ist schwieriger geworden, so wie für alle Menschen“, sagt Thomas Hausbalk. Doch er schränkt er: „Man darf nicht außer Acht lassen, dass es mitunter ein Jammern auf hohem Niveau ist.“ Die Energiepreisbremse etwa, die Ende 2022 in Kraft trat, war für den Unternehmer Thomas Hausbalk ein Segen.

Bäckermeister Thomas Hausbalk führt das Familienunternehmen in dritter Generation. Foto: Christamaria Ruch

Zum Team gehören heute zwölf Bäcker, die nachts ab 1 Uhr in der Backstube stehen. 30 Mitarbeiter sind im Verkauf tätig. Thomas Hausbalk hat 25 Lehrlinge in den vergangenen 30 Jahren ausgebildet. „Unser derzeitiger Bäckerazubi ist ganz bodenständig“, sagt der Firmenchef und freut sich über den Nachwuchs im Handwerk. „Immer wieder hören wir in Gesprächen, dass Leute mit unserer Bäckerei Erinnerungen von früher verbinden“, sagt Diana Hausbalk.

Ein Betrieb mit Auszeichnung

Allerdings spürt das Ehepaar auch den Gegenwind, mit dem die Bäckereien und ihre Produkte aus Handarbeit immer mehr zu kämpfen haben. „Backwaren sind inzwischen zum Werbeartikel verkommen“, sagt Thomas Hausbalk. Und meint damit die Konkurrenz aus den Großbäckereien. Diese verkaufen ihre Waren zu Niedrigpreisen im Supermarkt und in Discountern. Bei Thomas und Diana Hausbalk ruft dieser Trend Kopfschütteln hervor: „Die Wertschätzung gegenüber dem Bäckerhandwerk sinkt seit mindestens zehn Jahren, damit sinkt auch die Anzahl der Kunden bei den traditionellen Bäckereien. Wir wünschen uns, dass sich die Menschen bewusster damit beschäftigen.“

„Es werden noch Zeiten kommen, da werden sich die Leute glücklich schätzen, wenn sie einen Bäcker finden“, sagt Thomas Hausbalk. Er hofft, dass sich die Rahmenbedingungen für das Handwerk ändern und ein Bürokratieabbau einsetzt. „Auch als Gesellschaft muss sich etwas ändern, das Miteinander fehlt“, so Thomas Hausbalk. Diana Hausbalk hat nur einen Wunsch für die Zukunft: „Frieden.“

Immer wieder hat die Bäckerei im Laufe ihrer langen Firmengeschichte große Erfolge feiern dürfen: Goldmedaillen oder die Goldene Brezel als Qualitätssiegel zum Beispiel. „Über solche Ehrungen freuen wir uns immer, das ist weder Routine noch ein Selbstläufer“, sagt Bäckermeister Thomas Hausbalk.

Zahlen und Fakten zum Bäckerhandwerk:

In Deutschland gab es Anfang 2014 insgesamt 13.171 Bäckereibetriebe, bis Anfang 2024 sank diese Anzahl auf 9242. In Brandenburg existierten Anfang 2014 insgesamt 395 Bäckereibetriebe, bis Anfang 2024 ging diese Anzahl auf 273 zurück. Jährlich gibt es in Brandenburg zehn bis 15 Neugründungen von Bäckereien.

2023 gab es in Brandenburg 98 Bäcker-Auszubildende sowie 144 Auszubildende für den Beruf des Bäckereifachverkäufers; elf Bäckergesellen bestanden ihre Meisterprüfung, wie der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks auf Anfrage mitteilt.

Die deutsche Brotkultur ist weltweit einzigartig: Mehr als 3000 Brotspezialitäten backen Innungsbäcker in Deutschland. Seit 2014 gehört die deutsche Brotkultur zum bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der Unesco. Auch in der Backstube der Bäckerei Hausbalk entsteht seit 100 Jahren deutsche Brotkultur.